Letzte Ausfahrt Bayreuth (Juli 2008)

Goldene_Herren.jpg

Hühnerdrahtähnliches verhält

den Steinbruch am fernen

Autobahnrand — doch schießt

der Schössling zaundurch — seine

holzungsgeweihte zwei Meter

stochernd in die für den Himmel

unreife Luft eines Julimittags.

Eine braunweiße Unterrichtungstafel,

wie man so kennt. Wir stachen

am Ausfahrt zur Eremitage

im letzten Moment ab. Es war

ein gefährliches Manöver

zum Glück gelungen. Die Stadt

war uns uninteressant, mein Vater

und ich. Wir wollten uns eher

das ziellose Herumlatschen

ersparen, wie unlängst unsere

Erfahrung im Weimarer Zentrum.

Auf ein vor dem Dichterpaar

aufgenommenes Foto begreife ich

endlich wie peinlich eng

meine T-Shirts damals waren.

Im Passagiersitz notierte ich Anfänge

eines Gedichtes, das mehr als

ein Jahrzehnt später (und nach dem

Tod meines Vaters) dieses wurde —

entschlüpfte sogar die Sprache,

wie erst dem Stift wackelig

schreibend während der Fahrt,

übersetzt ins Deutsche.

Gestörte Züge — Staben, Ziffern —

Seismograf — ein Versuch kenntlich

Wörter zu bilden, wie Lenker in hand

mein Vater die A9 hochjagte.

Weiterblättern. Ein englisches Zitat

scheinbar aus dem Brochure

niedergeschrieben — A gem of rococo

pleasure gardens, diversely outfitted

with grottoes, a ruined theater, ancient tomb

and false cliff dubbed Parnassus.

It was here the prince played at living

a hermit’s life. Wir tauchten ein

in das lapsarische Bildnis

nur um etliche Prinzipien des Neo-

klassicismus zu kennzeichnen.

Schau wie diese nur grobe

Pompeijbrocken sind.

Unfertigkeit als Leitmotiv.

Die Büsten des bayerischen

Olymps bestrichen mit Blattgold.

Ihre Gesichter — berühmt —

und Brauen — krumgehauen.

Wir verbrachten nichtmal

30 Minuten vor dem Entschluss

Hey dad — let’s get out of here.