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Sollten nicht eher
die Toten
Angst haben
vor den Lebendigen?
Sind es nicht
letztendlich diese
letzten, die
wie ein Dunst
feinstaubig abhängen
und hinter
Ecken atemlos
einfach da stehen
und warten
und sich insgesamt spukend
verhalten in der unveränderlichen
Welt geendeter
Dinge? Hat irgendwas
von dir überlebt, so
werden sie's
verlieren. Dein Lieblingsschal,
deine Tapferkeits-
medaillen. Es geht ihnen
ein Scheiß an. Sogar
ihr Atmen ist reiner
Verlust. Sie gießen
ihr Samen aus
bis die ganze Weide
weiß blüht und nennen es
eine Ernte voll
Baumwolle. In das ersehnte
Haus deiner Kindheit
ziehen sie ein, zerstören
das Parkett, trinken alleine
im Dunklen, im kahlen Schein
ihres Laptops, Dienstag
3 Uhr morgens
und genau da, wo du‘s mal
tatst wichsen
tun sie’s auch. Häufig
als Toter wünscht man sich,
niemals geboren worden zu sein.
Da hätte man doch nicht
sterben müssen
und all das in alle Ewigkeit
stumm miterleben.
Wie sogar die kleinsten
Ereignisse sich als unvorstellbarer
Orkan aufheulen
im All und alles mitreißen
und die Haut der Nachmieter
das Wohnzimmer verschwinden lässt
unter wie viele
Kilometern Staub. Ganze
Alpenmassive schauen sie sich an,
diese après-ski Arschlöcher,
und sehen dabei keine
Massengräber. Wie die Verschollenen
ihnen aus den Gletscherspalten
zuwinken. In einer Stadt
befreßen sie sich
und klatschen ihre Spuke
an den Wänden
und werden dick und wissen
und geben weiterhin
ein Scheiß, dass die Stadt
ein Schlachthaufen ist,
wo Schmalz aus den Kellerfenstern
quillt und dreckschwarz
am Pflaster gerinnt.
Sie brunchen auf Barrikaden.
Sie ficken unter fallenden
Trümmern. Sie wissen
ganz genau, alles,
was sie tun, ist falsch,
und trotzdem, oder vielleicht
gerade deswegen
tun sie‘s.

